Antiisraelischer Antisemitismus
Antiisraelischer Antisemitismus ist eine Form des Antisemitismus, bei der die Feindschaft und der Hass gegenüber Jüdinnen und Juden über die Bezugnahme auf den Staat Israel ausgedrückt werden. Diese „Umwegkommunikation“ hat sich vor allem in Deutschland entwickelt, wo offener Antisemitismus seit dem Holocaust in weiten Teilen tabuisiert ist. Stattdessen werden antisemitische Vorstellungen auf Israel projiziert – den jüdischen Staat –, wobei Jüdinnen und Juden häufig kollektiv für dessen Politik verantwortlich gemacht oder direkt angegriffen werden.
Es gibt unterschiedliche Definitionen von antiisraelischem Antisemitismus – einig sind sich die meisten Definitionen aber darin, dass Doppelstandards in Richtung Israel, die Delegitimierung oder Verneinung des Existenzrechts und die Dämonisierung Israels wichtige Indikatoren für antiisraelischen Antisemitismus sind.
Doppelstandards
Von Israel werden Verhaltensweisen erwartet, die von keinem anderen Staat gefordert werden. Beispiele sind unverhältnismäßige Erwartungen an Israels Verhalten im Konflikt oder das Verschweigen ähnlicher oder gravierenderer Verstöße anderer Staaten.
Delegitimierung
Israel wird das Recht auf Existenz abgesprochen, etwa durch die Forderung, den jüdischen Staat aufzulösen, oder durch die Darstellung seiner Gründung als „unrechtmäßig“. Dies leugnet das Recht des jüdischen Volkes auf staatliche Selbstbestimmung.
Dämonisierung
Israel wird mit überzogenen und feindseligen Vergleichen dämonisiert, etwa indem es mit dem Nationalsozialismus gleichgesetzt wird. Solche Vergleiche sollen nicht nur Kritik üben, sondern den Staat moralisch diskreditieren und delegitimieren.
Antiisraelischer Antisemitismus ist keine neue Erscheinung. Bereits in den 1960er-Jahren wurde die Feindschaft gegenüber Israel von politischen Bewegungen – sowohl aus dem rechtsextremen als auch aus dem linken und islamistischen Spektrum – instrumentalisiert. Israel wurde dabei zur Projektionsfläche antisemitischer Stereotype. Diese Haltung führte nicht nur zu verbalen Angriffen, sondern auch zu antisemitischen Gewaltakten. Der linke Terror der 1970er- und 1980er-Jahre in Deutschland war eng mit antisemitischen Gruppen im Nahen Osten verbunden.
Auch heute zeigt sich antiisraelischer Antisemitismus in vielen Formen: von Demonstrationen, auf denen antisemitische Parolen gerufen werden, über Hetze in sozialen Medien bis hin zu physischer Gewalt gegenüber Jüdinnen und Juden.
Antiisraelischer Antisemitismus ist nicht die einzige Form des Antisemitismus: Dieser bietet als Welterklärungsmuster Ansätze, sich das Weltgeschehen, politische Vorgänge bis hin zum eigenen Schicksal als Ergebnis einer imaginierten jüdischen Verschwörung zu erklären. Oft ist antiisraelischer Antisemitismus daher nur eine Art zu denken und zu fühlen, und verschränkt mit anderen Erscheinungsformen, wie dem Post-Shoah-Antisemitismus, tradiertem Antisemitismus oder religiös aufgeladenem Judenhass.